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moutier, bern, biel, delémont - 2014/15

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"Das ausgiebig gefeierte Gedenkjahr der Hildegard von Bingen ist vorbei. Ein Nachklang tönt ins Jahr danach herüber, nicht von gestern sondern so gegenwärtig wie weniges, das zum Jubiläum zu hören war. Der Organist Christoph Maria Moosmann und die Sängerin Katharina Lienhardt haben sich zusammengetan, um sechs Lieder Hildegards neu zu interpretieren. Nah an den überlieferten Noten, doch immer wieder ausbrechend in freie Räume, flüsternd, schreiend, improvisierend. Ein Dialog - eben antiphonisch - zwischen Instrument und Stimme, die oft selbst wie ein Instrument geführt wird.

Erst kaum hörbar, schwingt ein einziger Orgelton minutenlang im Einklang, bis schliesslich die Stimme dazukommt. Das ganze erste Stück hindurch, siebzehn Minuten dauernd, dringt der Ton in die Sinne, wächst wie eine Pflanze im Zeitraffer, trägt Musik, die sich in ruhigem Fluss darüber er erhebt. So unmerklich wie diese Einstimmung zu „Caritas abundat“ geschieht der Übergang zu „de Sancta Maria“, einem kürzeren Gesang, den die Orgel mit glitzernden Figuren akzentuiert.

Einer ruhigen instrumentalen Einleitung folgt, zunächst der klaren Stimme überlassen, „o virtus sapientiae“. Dann schlägt die Orgel mit harten Clustern dazwischen, um mit einem mächtigen stehenden Akkord, der in Farbe und Struktur stetig changiert, „O cruor sanguinis“ anzukündigen. Nach einem unbegleitet gesungenen, weit ausschwingenden „Kyrie“ schliesst „O quam mirabilis“ nach hymnischer Steigerung den Kreis mit dem leise verklingenden Anfangston."

Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 1999

 

"Darf man einen Gottesdienst rezensieren? Ja, denn die kultische Handlung, die sich am Montag Abend in der St.Johannis Kirche in Altona vollzog, war als Konzert angekündigt: „ANTIPHONA - Liturgie für Gesang und Orgel nach sechs Liedern der Hildegard von Bingen“. Erdacht wurde die in fast völliger Dunkelheit abgehaltene musikalische Stunde mit Gott von dem Württemberger Organisten Christoph Maria Moosmann und der Sängerin Katharina Lienhardt. In Hamburg war an ihrer Stelle die Opern- und Liedsängerin Karin Kunde zu erleben. Moosmann ist Fachmann für die Orgelmusik der Romantik und des 20. Jahrhunderts. Seine eigene Klangwelt am Instrument reicht von feinsten Fissuren im Diskant über leise klirrende Cluster bis zu einem irren Brausen, so dass man meint, das Jüngste Gericht sei nahe. Je weniger geräuschhaft er spielt, desto mehr nähert sich Moosmann moderner geistlicher Musik.

ANTIPHONA beginnt ganz mittelalterlich mit Einklang, Oktav, Quinte. Nach und nach treten andere Intervalle hinzu, findet sich die Stufenmelodik zu grösseren Sprüngen und zu Dissonanzen bereit. Schliesslich verlässt das Wechselspiel zwischen der schönen Gesangsstimme und der Orgelpolyphonie den Notentext. Auch Karin Kunde improvisiert. Während sie mit ihrem starken, warmen Mezzosopran in „O Virtus sapientiae“ noch die Tugend der Weisheit preist, zerreisst Moosmann mit hässlichen Tontrauben die weihevolle Stimmung. Mit phänomenalem Gespür für Zeit organisiert er seine Klangwucht. In „O Cruor Sanguinis" drehen sich eng geführte Vielklänge über einem beibehaltenen Bass, als sässen sie auf einer monströsen Stahlschraube, die uns in die Eingeweide getrieben wird. Später schleicht der unheimliche Klang der tiefsten Orgelbässe in alle Winkel des dunklen Raums."

DIE WELT, 2001

 
Kulturplatz (.mpg)

SRF, 02.02.2005

 
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