Jahrhundertelang haben Künstler ihr Schaffen in den Dienst der Kirche gestellt, Kirchen
und Klöster zählen zu den bedeutendsten Zeugnissen der abendländischen Kultur und die
brillantesten Denker der jeweiligen Zeit waren Theologen.
Die zunehmende Bedeutung der Ratio und vor allem der Siegeszug der exakten Naturwissenschaften
seit dem 19. Jahrhundert führten zu einem schier unglaublichen technischen und materiellen
Fortschritt, aber auch zu Entfremdung und Haltlosigkeit.
Seit einigen Jahren ist nun eine Umkehr der Bewegung zu beobachten. Für immer mehr Menschen
steht die Sinnsuche, stehen spirituelle, im weitesten Sinne religiöse Werte im Zentrum
ihres Denkens und Fühlens. Esoterische Gruppierungen, spirituell ausgerichtete Institute,
Meditationszentren und buddhistische Dojos haben regen Zulauf – doch die christlichen Kirchen
scheinen (noch) im Abseits zu stehen. Erst in jüngster Zeit werden auch die spirituellen
Schätze des Christentums, vor allem die christliche Mystik neu entdeckt.
Das festival religio musica nova möchte einen kleinen Beitrag leisten, die grosse
europäisch-christliche Tradition weiterzuführen. Dabei heisst Tradition weder, ängstlich am
Gewohnten festzuhalten, noch, in postmoderner Beliebigkeit sein Gesicht zu verlieren – Tradition heisst
Weitergabe (von lat. trans dare) – Und wer etwas weitergeben möchte, sieht mit neuen Augen auf das Altvertraute.
In der Auseinandersetzung mit dem Anderen kommen wir zu einer neuen Deutung des Eigenen.
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