Der Messe von Tavener werden mit
superverso und
inner time
zwei quasi rituelle Konzerte zur Seite gestellt. Gemeinsam bilden sie
ein Triptychon, das in der Art eines mittelalterlichen Mysterienspiels
drei Stufen der Heilsgeschichte abbildet.
Während
immaculata die Verkörperung des Transzendent-Göttlichen im Menschen thematisiert, kann
superverso per organo
- ein 12-teiliger Orgelzyklus von Ernst Helmuth Flammer, ähnlich
umfangreich und komplex, aber avancierter als die grossen Orgelzyklen
von Olivier Messiaen - als Darstellung der noch unerlösten Welt
gedeutet werden, ausgespannt zwischen Genesis und Apokalypse. Erst eine
detaillierte
musikalische Analyse
zeigt, dass gerade in dieser schroffen Materialität die Erlösung
bereits angelegt ist. Ausserdem scheinen Beziehungen zwischen Maria und
Shakti auf.
Im Gegensatz dazu verweist
inner time
von Horatiu Radulescu auf das Unmanifest-Eine (Nirvana, Brahma, Gott
Vater), von dem alles ausgeht: Basierend auf universellen
mathematischen Prinzipien entfaltet die Komposition einen einzigen
spektralen Klang in 137 selbstidentischen „mobiles“. Reinheit, Klarheit
und Einfachheit sind Begriffe, die mit inner time assoziiert werden
können. Hier scheint die innere Verwandtschaft von
immaculata mit dem ebenfalls am 8. Dezember gefeierten “Bodhi Day”, dem Tag von Buddhas Erleuchtung auf.
Die
geradezu zyklopische Architektur des Orgelzyklus, der verinnerlicht
ekstatischen Gestus der Tavener-Messe und die abstrakte Komposition von
inner time repräsentieren Materie, Herz und Geist., Malkhut, Tiferet
und Keter.